eva fauth

Eine Höhle
leises atmen
Ein Schutzraum
leises atmen
Mein längst vergessener Raum im Raum
leises atmen
Meine ganz eigene Welt zwischen Innen und Außen
leises atmen
Doch kaum will ich sie fassen, hineinsehen, zurückkriechen

dröhnendes gepolter

Entzieht sie sich im Augenblick der Entdeckung.

Unter der Treppe, Soundinstallation 2001
Reinbilck, Gruppenausstellung
20.Okt. - 4.Nov. 2007, ehem. Zollamt Wiesbaden-Biebrich
 

Im ersten Stock des Zollamtes erstreckt sich ein langer Flur.
An dessen Ende befindet sich eine alte dunkelbraune Holztreppe, welche zum Speicher führt. Der Anblick der darunter entstehenden Nische weckt Erinnerungen in mir. Erinnerungen an das Höhlenbauen der Kindheit.
Ob die ehemaligen Hausmeisterkinder sich dort auch Höhlen gebaut haben?
Das Spielen der Kinder steht für mich in starker Diskrepanz zur Nüchternheit der Büroräume. Sie bauen Höhlen, um sich einen Ort zu schaffen, der nur ihnen gehört. Einen Raum im Raum, den sie als Schutz – und Zufluchtsort nutzen können. Eine Höhle kann auch als geheimer Ort dienen, als Versteck oder als Lieblingsplatz.
Zum Einen kann dieses Lager für ein Kind ein einfacher Spielplatz sein, zum Anderen ist er für viele der einzige Raum, in den sie „flüchten“ können. Diese Höhlen entstehen meist aus Decken, Fellen und Bettlaken aus Kinderzimmern.

Der Schutz, welcher von diesen Höhlen ausgeht ist jedoch nicht real und existiert allein in Gedanken, da diese Lager nur situativ sind. Auf Grund ihrer Materialität können sie leicht von anderen betreten werden.
Es entsteht ein imaginärer Schutzraum für das Innerste, um es abzukapseln von allen äußeren Einflüssen. Je näher jemand diesem Inneren kommt desto mehr zieht es sich zurück, um letztendlich zu fliehen. Der Zugriff auf das Innerste ist verwehrt.

Um diese Idee umzusetzen, baue ich in der Nische unter der Treppe eine Höhle aus Bettlaken und einer Kinderdecke.
Ich richte zwei Soundinstallationen ein, welche sich wechselseitig durch einen Bewegungsmelder beeinflussen.
Hierbei symbolisiert das Atmen den geborgenen und zurückgezogenen Zustand des innersten Ichs. Das laute Treppengepolter hingegen steht für das Aufscheuchen aus diesem Zustand, die Flucht vor dem Zugriff.
Der Betrachter hört zunächst leises Atmen. Bei neugierigem Näherkommen und Hineinschauen in die Höhle, erschallt plötzlich dröhnendes Treppengepolter, ausgelöst durch einen Bewegungsmelder.
Ich benutze eine Kinderdecke, um an meine Erinnerungen anzuknüpfen. Für mich ist das Phänomen des „Höhlenbauens“ jedoch nicht nur auf ein „Kinderspiel“ beschränkt, weswegen ich mich für den Atem eines Erwachsenen entscheide. Es entsteht eine zeitlose Ebene.